1. Mai Flugblatt und Bilder

Ab sofort findet ihr auf unserer Flickr Seite die Bilder vom ersten Mai. Ausserdem findet ihr hier das von uns verteilte Flugblatt als pdf oder im folgenden als Fließtext.

Aufgewacht!?

„Unser Leben ist der Mord durch Arbeit – wir hängen 60 Jahre am Strick und zappeln.
Aber wir werden uns losschneiden!“

(Georg Büchner)

Der Wecker schrillt und reißt einen erbarmungslos aus dem Schlaf. Noch halb im Schlaf quält man sich ins Bad und schafft es doch noch mit Hilfe warmen Wassers das Aufstehen etwas hinaus zu zögern. Das Frühstück danach fällt aus, zuviel gebummelt. Auf dem Weg zur Schule oder Arbeit vom letzen Kleingeld noch Kaffee oder Kippen besorgt und schnell noch in die eh schon überfüllte Bahn gequetscht. Gestresst kommt man in der Schule oder im Betrieb an, man will sich am liebsten erstmal wieder hinlegen oder für ’ne halbe Stunde aufs Klo verschwinden. Stattdessen muss man sich von LehrerInnen und ChefInnen voll quatschen lassen.
Es ist Montagmorgen und es bleibt noch die Hoffnung, das nächste Wochenende möglichst schnell und ohne Zwischenfälle zu erreichen, um „zwei Tage zu leben”. Warum pfeffern wir morgens nicht einfach den Wecker an die Wand und ziehen die Decke über den Kopf?
Man muss Geld ranschaffen, schließlich will man vom Leben zumindest etwas haben. Und wenn man zur Schule geht, spürt man auch schon die zukünftige Konkurrenz um einen Arbeitsplatz im Genick. Denn wer in dieser Gesellschaft seine Bedürfnisse befriedigen will, der muss dafür bezahlen, und langsam dämmerts auch schon, dass man für das benötigte Geld künftig seine Arbeitskraft in Zeit zu verkaufen hat. Trägt man dann schon seine Arbeitskraft zu Markte, gibt es noch immer keinerlei Garantie, dass diese einem auch abgenommen wird oder gar der Lohn hoch genug ist, um es sich zumindest etwas bequem zu machen. Geht man vom besten Fall aus, hat man das Privileg mindestens acht Stunden, fünf Tage die Woche arbeiten zu gehen und mit Ende 60 – wenn es eine Rente dann noch gibt – sich mit kaputten Knochen und Gelenken oder Sehschaden und Magengeschwür zur Ruhe zu setzen, um möglichst bald das Zeitliche zu segnen und die Solidargemeinschaft nicht weiter zu belasten.
Hat man Pech, quält man sich in der nächsten Zeit vor allem zur örtlichen Arbeitsagentur zwecks regelmäßiger Schikane. Wer sich den Anforderungen nicht fügt, dem oder der werden gnadenlos die Beiträge gekürzt. So kann man seine Zeit nun zwangsläufig damit verbringen endlos Bewerbungen zu schreiben, Kurse zu besuchen und sich in verblödenden Arbeitslosenprogrammen herumschubsen zu lassen. Das Ganze um die Arbeitslosen entweder fit zu halten, damit sie in die Bresche springen können sobald eine Stelle frei wird und ihre Arbeitskraft benötigt wird, oder damit niemand auf die Idee kommen könnte, das Leben könnte auch ohne Arbeit ganz nett sein. Als „industrielle (und heute auch Angestellten) Reservearmee“ üben die Arbeitslosen so ständigen Druck auf diejenigen aus, die noch einen Job haben.

Daran lässt sich im Kapitalismus nichts machen. Zwar schafft der Kapitalismus einen beständigen Fortschritt der Produktivkraft (Maschinen, Automat isierung, Rationalisierung des Produktionsprozesses, etc.), der uns vom Mühsal der Arbeit weitesgehend befreien könnte, weil immer weniger menschliche Arbeit notwendig wäre, um das Benötigte zu produzieren. Da der Kapitalismus aber darauf angewiesen ist, immer mehr Kapital anzuhäufen und dies nur gelingen kann, indem ArbeiterInnen ausgebeutet werden*, Arbeitsprozesse rationalisiert und Arbeitsplätze gestrichen werden, werden wir in dieser Gesellschaft zu nichts kommen. Hat man die Zeit, fehlt einem die Knete, hat man die Knete fehlt einem die Zeit und den meisten von uns fehlt sowieso beides!
Im Kapitalismus ist es unmöglich die Menschen kollektiv von der Arbeit zu befreien, was hieße, die Arbeitszeit so weit wie möglich zu senken und die Lohnarbeit durch eine Form freier Tätigkeit zu ersetzen. Und so bedeutet der Fortschritt der Produktivkraft für ArbeiterInnen nur Nachteil, weil uns deshalb die Arbeitslosigkeit nach Schule und Ausbildung oder eine Entlassung droht. Es wird so getan, als sei die Arbeit, und alles was an ihr hängt, natürlich oder entspringe irgend welchen von Menschen nicht zu beeinflussenden ökonomischen Gesetzen. Das ist Unsinn, den nicht nur die Geschichte widerlegt**, auch unser Bedürfnis lehrt uns etwas Besseres: wir wollen nicht schuften oder rumlungern und mehr schlecht als Recht über die Runden kommen, wir wollen weniger arbeiten und das Leben genießen, ein Blick in den Maschinenpark des Kapitals zeigt, das dies längst möglich ist.

Was tun? Wer individuell aus den bestehenden (Arbeits)-Zwangsverhältnissen ausbrechen will, verstößt gegen die Regeln des Kapitalismus. Doch auch diese Regel ist nur gemacht und keinesfalls unumstößlich. Beim Versuch, sie zu überschreiten, zeigt sich allerdings die Gewaltförmigkeit dieser Gesellschaft, wenn nämlich Gummiknüppel und Gefängniszelle zum Einsatz kommen, weil man gegen den Götzen des Privateigentums verstößt und die benötigten Lebensmittel im Laden klaut oder in einem leerstehenden Haus gratis wohnt. So ohnmächtig der oder die Einzelne heute auch notgedrungen ist, gibt es doch nur gemeinsam eine Perspektive zur Überwindung dieser Zustände, zur Überwindung des Kapitalismus. Also organisiert euch, in Betriebs- und Schülergruppen, Lese- und Bildungszirkeln oder z.B. bei der Sozialistischen
Jugend.

Für eine Assoziation der Freien und eine
Gemeinschaft Aller ohne Zwang!

*als ArbeiterInnen sind alle zu verstehen die in fremden Betrieben Arbeit gegen Geld verrichten, um Ausbeutung handelt es sich, weil wir weniger Lohn erhalten als wir
durch unsere Arbeitskraft produzieren. Das liegt daran, dass wir von den Produktionsmitteln getrennt sind und so nur unsere Arbeitskraft besitzen, die wir verkaufen
können und müssen. Wir werden also nicht unsere Arbeit bezahlt, sondern bekommen lediglich das, was es kostet uns am Leben und am Arbeiten zu halten. Dementsprechend können wir gar nicht anders, als unseren Lohn und unser Gehalt „zu verleben”. Am Ende des Monats stehen wir dann entweder mit ein paar Groschen auf dem Sparbuch für die nächste Autoreparatur, neue Wasch- oder Spülmaschine, oder wieder mit leeren Händen da. Und warten darauf, dass die ganze Scheiße wieder von vorne anfängt…

**z.B. waren in der griechischen Antike sowohl der Begriff der Arbeit, als auch der des Tausches negativ besetzt und die entsprechenden Tätigkeiten verpönt. Statt um körperliche Arbeit kümmerten sich die Bürger des alten Athen lieber um das gute Leben, möglich war dies aufgrund der Sklavenarbeit, auf der die antike Polis begründet war. Heute, wo die Maschinen an die Stelle der Sklaven treten könnten, redet von diesem guten Leben, das für alle möglich wäre, noch kaum jemand.

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