Falken-Statement zum angekündigten Workshop: „Climate crisis – Anti-Imperialism – Palestine. The destruction of Palestine is the destruction of the Earth? // Klimakrise – AntiImperialismus – Palästina“ auf dem System Change Camp in Erfurt
Wir Falken sind ein bundesweit agierender Verband, dessen kleinste Zellen, die Gruppen, sich auf Basis einer geteilten Vision von einer freiheitlicheren Gesellschaft zusammenschließen, um gemeinsam theoretisch und praktisch Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu üben.
Als sozialistische Organisation, in der ganz verschiedene linke Strömungen repräsentiert sind, gehören die Debatte und der politische Streit zu den Grundpfeilern unserer Praxis und sind für uns wichtiger Teil unseres Selbstverständnisses. Wir freuen uns deshalb sehr, dass das System Change Camp in diesem Jahr in Erfurt stattfindet und einen Raum für kontroverse Diskussionen bietet. Wir selbst haben einige der Workshops/Angebote besucht und Genoss*innen von uns haben auch Angebote mitgestaltet.
Wir begrüßen ebenfalls grundsätzlich, dass der Auseinandersetzung mit dem Nahostkonflikt, der die politische Debatte innerhalb der (deutschen) Linken schon seit Langem, und aktuell aufgrund der politischen Lage wieder besonders stark, prägt, in verschiedenen Workshops auf dem Camp Raum gegeben wird. Diese Debatten sind notwendig und werden in einer stark fragmentierten Linken nur selten geführt. Voraussetzung für eine ehrliche und ernsthafte Auseinandersetzung sind aus unserer Sicht dabei Räume, die offen sind, Beteiligte, die an Erkenntnisgewinn interessiert sind, und Inhalte, die den Zugewinn von Erkenntnissen ermöglichen.
Nicht verständlich für uns ist vor diesem Hintergrund, wieso im Programm des Camps einem Workshop Platz gegeben wird, der sich im Titel und im Ankündigungstext auf den Essay von Andreas Malm „The destruction of palestine is the destruction of the earth“ bezieht, und anscheinend dessen Thesen zur vermeintlichen historischen Verwobenheit des Krieges und der Klimakatastrophe affirmiert.
Andreas Malm insinuiert in seinem Essay eine Verbindung zwischen der Situation in Palästina und der Klimakatstrophe. Sein Essay eröffnet dabei bereits mit einer Glorifizierung des Massakers der Hamas am 7. Oktober, erwähnt die grausamen Morde an unschuldigen Zivilist*innen auf israelischer Seite nicht, bzw. rechtfertigt sie als legitime Aktionen in einem vermeintlich „antikolonialen Kampf“. Die Tötung unschuldiger Zivilist*innen auf palästinensischer Seite bezeichnet Malm im gleichen Atemzug als „the worst crime known to humanity“, um seine Interpretation des Krieges in Gaza als einzigartiges historisches Ereignis zu plausibilisieren.
Malms weiterer Text ist das Ergebnis einer schwer nachvollziehbaren Assoziation zwischen dem Krieg in Gaza und Strumtief Daniel, das Anfang/Mitte September im östlichen Mittelmeerraum 11.300 Menschen das Leben kostete. Abgesehen des menschlichem Leid und der Zerstörung von Infrastruktur und Häusern kann aus unserer Sicht hier vernünftigerweise kein inhaltlicher Zusammenhang hergestellt werden, was die Vermutung nahelegt, dass der Autor aus verschwörungsantisemitischen Motiven heraus agiert.
Malms Konstruktion eines besonderen inhaltlichen Zusammenhangs von Zionismus und fossilem Kapitalismus, ist aus unserer Sicht das Ergebis einer bereits im Voraus inhaltlich determinierten, historisch inkonsistenten Auseinandersetzung, die alle Ereignisse und Analysen ignoriert, die seiner These widersprechen.
Wir fragen uns, inwiefern die Auseinandersetzung mit seinen Thesen geeignet sein soll, um einen Raum für eine Diskussionen zu schaffen, deren Ergebnis nicht bereits vorbestimmt ist.
Malm verfehlt nicht nur eine materialistische Analyse der nationalstaatlichen Interessen im globalen Kapitalismus, sondern stellt sich den Nahostkonflikt als zentrale Schnittstelle globaler und systemischer Konflikte vor. Er glaubt, dass die Lösung dieses Konflikts auch die Probleme der weltweiten fossilen Infrastruktur lösen würde.
Es sollte jedoch klar sein, dass kein Wechsel der Herren über ein Gebiet zum Ende des (fossilen) Kapitalismus führen wird.
Wir fordern die Organisator*innen des System Change Camps deshalb dazu auf, den für Freitag geplanten Workshop abzusagen und verschwörungsantisemitischen Ideologien so keinen weiteren Raum zu geben.
Wir wissen, dass dies auch kein neues Vorgehen der Programm-AG wäre, die bereits andere, ebenfalls offensichtlich menschenfeindliche Workshops abgesagt hat.
Freundschaft!
Falken Erfurt