Unsere Alternative heißt demokratischer Sozialismus

Redebeitrag der Jugendgruppe am 25.08.2024 in Erfurt

Scheiße (!) ich muss noch wählen – wisst ihr schon, wen ihr wählt? Ich auch nicht. So geht es in Thüringen sehr vielen und das ist verständlich. Ohnehin ist es eine Entscheidung zwischen zwei schlechten Alternativen. Und beide verkaufen uns als dumm.

Alternative 1: „ungefähr so weiter, wie bisher“ und hoffen, dass sich alles von alleine löst. Wenige Lösungsvorschläge, wenig Aussicht auf Erfolg. Stagnation.Alternative 2: offenes Ressentiment. Simple, weit hergeholte Erklärungen und Pseudo-Lösungen … Die Migrant*innen sind schuld, die Bürgergeldempfänger*innen oder die angeblich selbstgerechte und allwissende Linke. In jedem Falle die anderen. Und diese Alternative 2 verspricht: wenn wir genug abschieben und so wenig wie möglich Asyl gewähren, dann hat Angelika ihren Traumjob, dann verdient Peter mehr, dann bekommt Tom den Kita-Platz, dann kann Lisa endlich richtig Deutsch lernen und Klimaveränderungen gab es übrigens schon immer.

Neben manchen vielleicht verstehbaren Ängsten, gehören zur Alternative 2 aber auch irrationale und kaum mehr verstehbare Sorgen: Zunächst mal der allgemeine Wohlstandsverlust als ewige Sorge. Dann weitere Sorgen: aus dem Benz könnte ein Lastenrad werden, aus dem Steak ein Salat, aus der deutschen Sprache wird arabisch und all das gipfelt schließlich im vollständigen Thüringer Identitätsverlust: vegane Bratwurst! Virale TikTok-Ansprachen bereiten uns schon darauf vor. Ansprachen, die einerseits kaum zu überbieten sind, andererseits schwer zu unterbieten.

Wir sehen heute, wie kaltgewordene Versprechen in der heißen Sonne dahinschmelzen und all das klingt so paradox. So paradox wie ewiger Wachstum oder die Gleichzeitigkeit von absoluter Freiheit und Sicherheit. Bei all den Paradoxien und der ständigen politischen Verwirrtheit um uns herum, haben wir uns mit dieser Krankheit angesteckt und einige von uns und das Gro der Gesellschaft sind im passiven Konsum der Demokratie untergegangen, statt ein aktiver Teil von ihr zu sein.

Und wenn es so weiter geht wie bisher, dann sind in Thüringen, in Deutschland, in Europa bald keine Regierungen mehr ohne faschistoide Parteien möglich. Walter Benjamin hat mal gesagt, dass der Faschismus den Massen zu ihrem Ausdruck verholfen hat, aber nicht zu ihrem Recht. Es muss jetzt darum gehen, den Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen. Es muss darum gehen, echte Probleme mit echten Lösungen zu begegnen und dabei dürfen wir niemanden vergessen.

Eltern wünschen sich zum Beispiel Kindergartenplätze oder bezahlbare Schwimmbäder. Lohnarbeiter*innen wollen gute Jobs in Thüringen. Wir alle wünschen uns einfache und schnelle Wege und weniger Bürokratie beim Amt. Das sind Dinge, die die Landespolitik ändern kann. Kinder und Jugendliche sehnen sich nach anderen Sicherheiten und sie haben andere Wünsche. Sie wünschen sich echte Rückzugsorte und dass man sie ernst nimmt. Sie wollen nicht immer, dass man sie nur in Ruhe lässt, sondern auch, dass man mit ihnen spricht. Und die Schule soll kein Ort von Leistungsdruck und Wettbewerb sein. 

Wir wünschen uns all das und das jede und jeder versteht, dass Demokratie nur mit einer aktiven Gesellschaft funktioniert. Und das kann nicht erkauft werden. Ohnehin sind die Wirtschaftswunder-Zeiten vorbei und werden vermutlich nicht wiederkommen. Wenn kein Geld da ist, um die Zustimmung zum demokratischen System zu kaufen, wie können diese Wünsche nun erfüllt werden?

Es gibt eine echte Alternative und die heißt demokratischer Sozialismus! Dafür müssen wir uns und andren die Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel und das gesellschaftliche Leben erkämpfen, anstatt beides auf Kapital und Staat aufzuteilen. Dann würde eine unmittelbare Gestaltung des eigenen Lebens möglich, die es weder in der DDR gab noch im Kapitalismus jemals geben wird. Selbst denken, selbst handeln, sich vernünfig aufeinander beziehen und lernen, handfeste Interessenskämpfe zu führen: Das können wir schon im heute lernen: Im Jugendverband, in den Gewerkschaften. Das sind Dinge, die wir ins unserer pädagogischen Arbeit und in unseren Bildungsangeboten für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, als Falken greifbar machen. Wir wollen, dass alle verstehen: Das ist nicht nur eine Fantasie, sondern eine reale Möglichkeit aus dem Krisenkonglomerat unserer Zeit zu entfliehen.