Probleme und blinde Flecken postkolonialer Studien

Vortrag und Diskussion mit Dr. Ingo Elbe am Dienstag, den 24. Oktober 2023 um 18:00 Uhr im [kany]

Eine Veranstaltung im Rahmen der Nächste Ecke Links – Alternative Studieneinführungstage

Postkoloniale Theorien gewinnen weltweit einen immer größeren Einfluss im akademischen, politischen und medialen Bereich. Was als Versuch begann, den spezifischen Bedingungen und Erfahrungen in kolonial geprägten Gesellschaften sozialwissenschaftlich Rechnung zu tragen, ist zum Universalentwurf einer kritischen Thematisierung des ‚westlichen‘ Verständnisses von Vernunft und legitimer politischer Ordnung geworden.

Postkoloniale Theorie untersucht die Entstehung und Reproduktion eines ‚aufgeklärten westlichen Subjekts‘ durch die projektive Konstruktion eines zugleich herabgewürdigten und beherrschten ‚Anderen‘. Zudem stellt sie die Frage, ob es jenseits dieses ‚westlichen‘ Verständnisses und seiner Verquickung von ‚Wissen und Macht‘ ‚Narrative‘ geben kann, mit denen sich die ‚Anderen‘ der herabwürdigenden Repräsentation durch den Westen entziehen können.

Der Vortrag behandelt einige Probleme und blinde Flecken prominenter postkolonialer Ansätze (u.a. Edward Said, Judith Butler, Ramon Grosfoguel und Dipesh Chakrabarty). Stichworte sind dabei: Kulturrelativismus, machtreduktionistische und irrationalistische Wissensauffassung, Offenheit für neurechte Konzepte des Ethnopluralismus und für Bündnisse mit islamistischen Strömungen, neokoloniale Entmündigung der Akteure des sog. ‚globalen Südens‘ in der Orientalismustheorie sowie israelbezogener Antisemitismus.

Dr. Ingo Elbe ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Privatdozent am Institut für Philosophie der Universität Oldenburg. Zum Thema publizierte er zuletzt: Postkolonialismus und Antisemitismus. Bibliographie und Einleitung zur Kritik postkolonialer und postmodern-antirassistischer Thematisierungen von Antisemitismus, Holocaust, Judentum und Zionismus. In: S. Grigat (Hg.): Kritik des Antisemitismus in der Gegenwart (2023) sowie Hannah Arendts Bild des Holocaust – mit einem Ausblick auf seine postkolonialen Erben. In: S. Grigat/A. Stahl u.a. (Hg.): Erinnern als höchste Form des Vergessens? (Um-) Deutungen des Holocaust und der „Historikerstreit 2.0“ (2023). Aktuelle Bücher: Gestalten der Gegenaufklärung. Untersuchungen zu Konservatismus, politischem Existentialismus und Postmoderne (2021) sowie als Mitherausgeber: Probleme des Antirassismus. Postkoloniale Studien, Critical Whiteness und Intersektionalitätsforschung in der Kritik (2022). Online-Texte unter: https://uol.de/philosophie/pd-dr-ingo-elbe/publikationen