Am 24. Januar 2014 fand in Wien der sogenannte Wiener Akademikerball statt, ein jährliches Treffen der Eliten der europäischen Rechten. Hier teffen sich auf Einladung der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) führende Vertreter*innen rechtspopulistischer Parteien, schlagender Burschenschaftler und Holocaustleugner*innen aus ganz Europa, die sich dort beim Tanz vernetzen
Um sich an den Protesten gegen dieses Treffen zu beteiligen und Genoss*innen der Sozialistischen Jugend Österreichs und der Roten Falken zu besuchen, fuhr auch unser Genosse Josef von Jena nach Wien. Er wollte solidarisch mit Aktivist*innen vor Ort gemeinsam gegen das internationale Treffen demonstrieren.
Schon im Vorfeld des Wiener Akademikerballs hatten Rechte gegen die Gegenproteste und die zu erwartenden Demonstrant*innen aus Deutschland gehetzt. Dabei muss man sich eigentlich kaum wundern, dass zu einem internationalen Treffen der Rechten auch Leute aus anderen Ländern anreisen, um dagegen zu demonstrieren. In ihren Äußerungen beschworen die Rechten jedoch v.a. mit Hinweis auf die Ereignisse in Hamburg um die Rote Flora ein Schreckensszenario herauf und stellten so die Legitimität der Proteste generell infrage. In Übereinstimmung damit versuchte die Polizei, die Proteste am 24. Januar durch die Einrichtung einer Bannmeile rund um die Wiener Hofburg möglichst zu unterbinden (die Demonstrant*innen gelangten dadurch gar nicht erst in Hörweite der Hofburg), untersagte per polizeilicher Verordnung bei klirrender Kälte für ganze Stadtgebiete das Tragen und Mitführen von Kleidungsstücken und Gegenständen, die einer „Vermummung“ dienen könnten, und ging während der Kundgebungen hart gegen Demonstrant*innen vor. Zudem wurde die Berichterstattung über die Proteste erheblich erschwert. Als einer der beiden Demonstrationszüge gegen 19 Uhr aufgelöst wurde, eskalierte die Situation.
Diesen Einschränkungen der Protestmöglichkeiten folgt die polizeiliche und juristische Repression auf dem Fuße. Es wurden Stimmen laut, die das Demonstrationsrecht explizit zur Debatte stellen und in vielen österreichischen Medien herrscht ein Klima der Denunziation. Und nicht nur politisch hat die Auseinandersetzung bittere Folgen: Im Verlauf der Gegenproteste wurden 14 Personen von der Polizei festgenommen, darunter auch das Mitglied unseres Verbandes, Josef. Im Gegensatz zu allen anderen wurde Josef jedoch nicht wieder freigelassen, sondern befindet sich seitdem in Untersuchungshaft im fernen Wien. Ihm wird so ziemlich alles vorgeworfen, was an jenem Abend im Januar passiert ist: versuchte schwere Körperverletzung, schwere Sachbeschädigung sowie Landfriedensbruch in Rädelsführerschaft. Allein auf letzteres stehen bis zu drei Jahre Haft. Die Anklage stützt sich im Wesentlichen auf die Aussage eines Polizisten, der in Zivil auf der Demonstration anwesend war und Josef dort gefolgt sein und ihn dabei als Befehlshaber des sogenannten „Schwarzen Blocks“ ausgemacht haben will.
Seit Januar sind mehrere Haftprüfungen abgehalten worden, die jedoch allesamt negativ für Josef ausfielen. Die andauernde U-Haft wird mit einer angeblichen „Tatbegehungsgefahr“ gerechtfertigt, es wird also davon ausgegangen, dass Josef die Tat erneut begehen könnte; außerdem wurde bei der letzten Haftprüfung am 9. Mai die Ablehnung eines Enthaftungsantrages mit einer „zu erwartenden unbedingten (also ohne Bewährung ausgesetzten) langjährigen Haftstrafe“ begründet, zu der sich die U-Haft proportional verhalten müsse. Josefs Verteidigung wirft der Staatsanwaltschaft vor, nicht ihrem gesetzlichen Auftrag nachzukommen und auch entlastende Tatsachen zu ermitteln. Von der Verteidigung beschafftes Material, dass die Aussage des Hauptbelastungszeugen stark in Zweifel zieht, hat offensichtlich allerdings ebenfalls nicht dazu geführt, den dringenden Tatverdacht gegen Josef zu erschüttern: so belegte ein Stimmgutachten, dass es mit „an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ nicht Josefs Stimme war, welche der Hauptbelastungszeuge auf seinem Handy-Video aufgenommen und als Beweis gegen Josef eingebracht hatte.
Josef gereicht der Polizei vermutlich insbesondere in seiner Eigenschaft als deutscher Demonstrationsteilnehmer pauschal zum Repräsentant des gewalttätigen Potenzials linker Proteste. Es steht zu befürchten, dass an ihm ein Exempel statuiert werden soll.
Am 6.6. hat der Prozess gegen Josef in Wien begonnen. Vorläufiges Ergebnis des ersten Prozesstages sind die Vertagung auf den 21./22 Juli sowie die Ablehnung eines weiteren Enthaftungsantrages, da sich der Verdacht gegen Josef angeblich weiter „erhärtet“ habe, weiterhin also dringender Tatverdacht vorliege – das obwohl sich der Hauptbelastungszeuge während des Prozesses mehrfach in Widersprüche verstrickt hatte, was selbst von konservativen Tageszeitungen nicht unbemerkt blieb. Außerdem verschärfte die österreichische Staatsanwaltschaft die Anklage: der Tatvorwurf der versuchten schweren Körperverletzung wurde in versuchte vorsätzliche schwere Körperverletzung abgewandelt, womit Josef bis zu fünf Jahre Haft drohen.
Seit dem ersten Prozesstag gibt es auch vermehrt Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager: so bekam Josef am 13. Juni den Jenear Preis für Zivilcourage verliehen.
Wir erklären uns solidarisch mit unserem inhaftierten Freund und Genossen und fordern Euch auf: Schreibt Josef Briefe, spendet selbst oder sammelt Spenden bei Veranstaltungen, durch Solipartys, Soli-Tresen usw., damit die Prozesskosten gedeckt werden können! Unterstützt Josef ideell!
SJD-Die Falken Landesverband Thüringen
Spenden, um Josefs Prozesskosten zu finanzieren, können an dieses Konto überwiesen werden:
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Kto.-Nr.: 4007 238 309 | IBAN DE77 4306 0967 4007 2383 09
BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank) | BIC GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Wien
Mehr Infos zu Josef und der Soligruppen in Jena und Wien findet ihr hier: http://soli2401.blogsport.eu
Außerdem gibt es eine Petition der Roten Falken Österreich, welche die sofortige Freilassung und Entschädigung von Josef fordert: https://secure.avaaz.org/de/petition/Bundesminister_fuer_Justiz_Dr_Wolfgang_Brandstetter_Free_Josef/?pv=7