Ab sofort sind die Aufzeichnungen von unserem Vortrag zur Frage „Warum überhaupt erinnern?“ und unser Interview über Dresden und Gedenken bei Radio Frei online (hier). Ausserdem möchten wir einen Bericht über den Naziaufmarsch in Dresden und die Gegenaktivitäten von den Dresdener Falken dokumentieren:
Von indymedia bis Bild freuen sich alle, dass der Aufmarsch verhindert worden ist. Es bleiben Zweifel. Am Konzept Groß-Bündnis, an der Tatsache, dass eine grundsätzliche Kritik am Dresdner Opfer-Mythos nur auf der Demo am Vorabend geäußert wurde, daran, dass vom Ergebnis betrachtet, die Law-and-Order-Politik von Stadt und Land scheinbar notwenig gewesen ist. Diese Zweifel hängen irgendwie zusammen und es stellt sich die Frage: Hat Dresden diesen Naziaufmarsch nicht eigentlich verdient?
Ein Bericht vom 12. und 13. Februar in Dresden
Eins vorweg: Dies ist kein Demobericht à la „Wir sind die Guten. Wir waren viele. Wir haben es geschafft. Danke an alle, die da waren.“ Derer gibt es genug.
Was ist passiert? Nach den schnell beschlossenen Änderungen des Versammlungsgesetzes, dem wiederholten Palaver über Extremisten und den durchaus zweifelhaften Methoden der Dresdner Staatsanwaltschaft im Vorfeld war es soweit.: Am Vorabend des 13. gab es eine Demo unter dem Motto „Keine Versöhnung mit Deutschland“ mit 1500 Teilnehmenden auf deren Abschlusskundgebung egotronic spielte. Samstag fanden sich in der Altstadt 10.000 Teilnehmende zu einer von Oberbürgermeisterin und den Stadtratsfraktionen initiierten Menschenkette unter dem Motto „Erinnern und Handeln. Für mein Dresden“ ein. Auf der anderen, der Neustädter Elbseite, sollte der Demozug der Jungen Landsmannschaft Ostdeutschlands entlangexerzieren dürfen. Diesem stellten und setzten sich über 10.000 Menschen nach Aufruf des Bündnisses „dresden nazifrei“ auf drei größeren stationären und mehreren kleinen mobilen Blockaden in den Weg. Die Neustadt gilt als links-alternativer Stadtteil, sodass die Blockierenden ihren Heimvorteil ausspielen konnten. Folglich war die Polizei zunehmend überfordert und teilte den Nazis wiederholt mit, dass diese aufgrund der Blockaden nicht marschieren können. Die Unübersichtlichkeit steigerte sich außerdem dadurch, dass die Nazis einfach irgendwo, nur nicht am geplanten – da blockierten – Startpunkt, aus ihren Bussen herausgelassen wurden. So konnten kleine und größere Nazigruppen durch die Neustadt laufen. Dabei wurden vereinzelt Blockierende und das Autonome Zentrum angegriffen, die Folge waren Verletzte. Dass das Autonome Zentrum ohne Polizeischutz von Nazis angegriffen werden konnte, ist an diesem Tag eigentlich keine große Überraschung mehr.
Von indymedia bis Bild freuen sich alle, dass der Aufmarsch verhindert worden ist. Es bleiben Zweifel. Am Konzept Groß-Bündnis, an der Tatsache, dass eine grundsätzliche Kritik am Dresdner Opfer-Mythos nur auf der Demo am Vorabend geäußert wurde, daran, dass vom Ergebnis betrachtet, die Law-and-Order-Politik von Stadt und Land scheinbar notwenig gewesen ist. Diese Zweifel hängen irgendwie zusammen und es stellt sich die Frage: Hat Dresden diesen Naziaufmarsch nicht eigentlich verdient?