STELLUNGNAHME ZUR INHAFTIERUNG UNSERES GENOSSEN JOSEF

Am 24. Januar fand in Wien der sogenannte Akademikerball statt, ein jährliches Treffen der Eliten der europäischen Rechten. Im Verlauf der Gegenproteste wurden 14 Personen von der Polizei festgenommen, darunter auch unser Freund und Genosse Josef.
Im Gegensatz zu allen anderen wurde Josef jedoch nicht wieder freigelassen, sondern befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Seine nächste Haftprüfung findet am kommenden Freitag, den 7. Februar, statt. Als Haftgrund wird eine Verdunklungsgefahr angegeben, eine plausible Begründung dieser Gefahr ist uns allerdings nicht bekannt.(1) Über die offiziellen Anklagepunkte sind Josef und sein Anwalt ebenfalls noch nicht in Kenntnis gesetzt worden, die österreichische Presse spricht jedoch von den Tatvorwürfen Landfriedensbruch, Widerstand gegen die Staatsgewalt, versuchte Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Alle Versuche von Genoss*innen, direkten Kontakt zu Josef herzustellen, scheiterten bisher an bürokratischen Hürden.

Sorge bereitet uns seine Situation auch hinsichtlich der aufgeheizten politischen Stimmung. Schon im Vorfeld des Akademikerballs hatten Rechte gegen die Gegenproteste und die zu erwartenden Demonstrant*innen aus Deutschland gehetzt.
Die Polizei wiederum versuchte die Proteste am 24. Januar von vornherein durch Einrichtung einer Sperrzone möglichst zu unterbinden, untersagte per polizeilicher Verordnung bei klirrender Kälte für ganze Stadtgebiete das Tragen und Mitführen von Kleidungsstücken und Gegenständen, die einer „Vermummung“ dienen könnten, und ging während der Kundgebungen hart gegen Demonstrant*innen vor. Zudem wurde die Berichterstattung über die Proteste erheblich erschwert.

Diesen Einschränkungen der Protestmöglichkeiten folgt nun die juristische Repression. Es steht zu befürchten, dass an Josef ein Exempel statuiert werden soll und er als Sündenbock für die Eskalation der Proteste herhalten muss. Dieser Eindruck wird noch verschärft durch eine stimmungsmachende Berichterstattung, wo bereits jetzt von ihm als einem vermeintlichen „Rädelsführer“ gesprochen wird. Dass die gegenwärtige politische Stimmung den Prozess zu Josefs Ungunsten beeinflussen könnte, finden wir besorgniserregend.

Solidarität mit Josef!

Wir erklären uns solidarisch mit unserem inhaftierten Freund und Genossen und fordern Euch auf:

Schreibt Josef, spendet selbst oder sammelt Spenden bei Veranstaltungen, durch Solipartys, Soli-Tresen usw., damit die Prozesskosten gedeckt werden können. Unterstützt Josef ideell durch Solidaritätsaktionen.

Der Presse ist außerdem zu entnehmen, dass neben Josef auch gegen eine unbekannte Anzahl von Teilnehmer*innen der Proteste ermittelt wird, die ggf. ebenfalls unsere Solidarität benötigen. Denkt daran, keine Informationen über Beteiligte an den Protesten, Strukturen und Aktionen zu verbreiten! Dies gilt selbstverständlich auch für Facebook.

Spenden können an folgendes Konto überwiesen werden:

Rote Hilfe OG Jena
Kto.-Nr.: 4007 238 309 / IBAN DE77 4306 0967 4007 2383 09
BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank) / BIC GENO¬DE¬M1GLS (GLS Bank)
Verwendungszweck: Wien

Wenn ihr Josef schreiben wollt, wendet euch bitte an uns.

Weitere Informationen werden wir hier ergänzen. Auf der Website der Roten Hilfe/Ortsgruppe Jena (rotehilfejena.blogsport.de) findet ihr auch die Pressemitteilung der Jenaer Unterstützer*innengruppe und der Soli-Gruppe aus Wien.

(1) Dem Ergänzungsband „Strafprozessreform 2004“ zum Lehrbuch Strafprozessrecht von Stefan Seiler ist zum Thema Verdunkelungsgefahr (§ 170 Abs. 1 Z 3 StPO) zu entnehmen, dass dies nur als Festnahmegrund gelten kann, wenn bereits der Versuch des Täters vorlag, „auf Zeugen, Sachverständige oder Mitbeschuldigte zur Verhinderung der Wahrheitsermittlung einzuwirken“. „Die bloße Möglichkeit zu einer derartigen Verhaltensweise genügt jedoch nicht. Der Verdächtige darf nicht ‚für alle Fälle‘ festgenommen werden, um zu verhindern, dass er sonst vielleicht die Wahrheitsermittlung behindern könnte.“ Auch wird dort ausdrücklich festgehalten, dass eine bloße Verweigerung der Aussage noch nicht für die Annahme einer Verdunklungsgefahr ausreicht, da die Inanspruchnahme des Recht auf Aussageverweigerung „nicht mit nachteiligen prozessuralen Konsequenzen für den Betroffenen verbunden“ sein darf. Der gesamte Kommentar kann unter Google Books eingesehen werden.